Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns zur Elternschule in Gelsenkirchen
von Marion Milbradt
Wir haben aktuell ein wachsendes gesellschaftliches Problem: Je weniger Grenzen (im Sinne einer falsch verstandenen Partizipation) ein Kind im Elternhaus erfährt, je mehr muß es in der Öffentlichkeit danach suchen. Ein Kind welches am Morgen verbal oder körperlich die Grenzen seiner Eltern überschreitet, geht mit herabgesetzter Hemmschwelle in die Welt und macht genau das an anderer Stelle wieder. Halten wir darauf eine Lupe, ist genau das im kleinen, was im großen gesellschaftliche Gewalt bedeutet (Grenzen überschreiten). Ein Kind, welches von zu Hause aus satt ist an Grenzen, wird in der Schule nicht über Tische und Bänke springen.
Die Zunahme an Verhaltensauffälligkeiten und damit verbunden die Zunahme an oftmals unsinnigen Diagnosen, führe ich auch den Sachverhalt zurück, das der Raum den Kinder haben (im konkreten und übertragenen Sinne) in den vergangenen Jahren angewachsen ist. Unsere Kinder heute, müssen sehr weit gehen, um eine Grenze zu erhalten. War es vor vielen Jahren das Allerschlimmste, wenn ein Kind die Bananenschale nicht in den Mülleimer, sondern daneben geworfen hat, werden heute Lehrer getreten, bespuckt oder ins Klassenzimmer gesperrt. Wenn unsere Kinder heute überhaupt an etwas erkrankt sind, dann an der Unsicherheit ihrer Eltern, an der Unsicherheit unserer Gesellschaft hinsichtlich dessen, was ist wichtig und worauf kommt es an, was benötigt ein Kind, um sich gesund zu entwickeln. An dieser Stelle spreche ich von Liebe, Halt und Orientierung, dem Kind immer wieder signalisieren, du in deiner Persönlichkeit bist wertvoll und ok., aber dein Verhalten an dieser Stelle nicht. Halt und Orientierung wird im wesentlichen über Grenzen setzen vermittelt. Damit meine ich das Kind ruhig, freundlich, gelassen und wertschätzend an Grenzen zu sättigen.
Erfolgreiches Grenzen setzen heißt, wir setzen weniger Grenzen und jeder Kampf mit dem Kind hört auf. Wir schauen das Kind nur an. Für viele Eltern ist es die größte Herausforderung, mit gutem Gefühl Grenzen zu setzen, in dem Wissen, dass sie mit jeder gesetzten Grenze, dem Kind ein Stück Halt, ein Stück Sicherheit und Orientierung mit auf den Weg geben und die Beziehung zueinander nicht schlechter wird, sondern wächst. Das Kind wird ruhiger und fröhlicher. Wenn ich zu Pädagogen spreche, sage ich immer, das die Kinder, welche sich am meisten auf Sie freuen, gerade jene sind, mit welchen die meisten Konflikte ausgetragen wurden. Ich spreche von Kindern, welche in ihrem Erziehungsrahmen keinen Halt finden (zappelige und unruhige Kinder) und die oftmals von morgens bis abends reglementiert werden. Kinder, welche nicht in sich ruhen, sondern Kinder, die außer sich sind, die kein Puzzle zu Ende bringen können, sondern permanent, damit meine ich von morgens bis abends nach Grenzen fragen müssen und entsprechend reglementiert werden.
Ein Kind kann seinen Eltern nicht sagen, ihr habt es doch in der Hand, mir einmal eine Anweisung zu geben, welcher ich dann Folge leiste und das Kind kann seinem Lehrer auch nicht sagen, mein Verhalten hat etwas mit deiner Autorität zu tun (gleiche Schulklasse, ein Lehrer kommt gut zurecht und bei einem anderen springen die Kinder über Tische und Bänke). Kinder ziehen sich jeden Schuh an und suchen immer die Schuld bei sich selbst.
Damit möchte ich nochmals sagen, Kinder zeigen, wie auf einem Foto, was wir leben und ein Verhalten kann man nur dann zeigen, wenn man den Raum dazu hat (Es kann nur dann die Katze am Schwanz ziehen, wenn es gelassen wird). Das kindliche Bedürfnis danach Grenzen zu erfahren, ist nicht weg zu therapieren, sondern auf eine freunliche und ruhige Weise zu befriedigen. Wenn Eltern die Fragen ihres Kindes zu Hause beantworten, ersparen sie es ihrem Kind, sich im Supermarkt auf den Boden werfen zu müssen.